Die Phileasson-Saga: Fasar, die Stadt der hundert Türme
Reisebericht des ‚Königs der Meere‘, Hetmann Asleif Phileasson von der Glutströhm-Ottajasko
aufgezeichnet von Mandred, Sohn des Orm Follkerson
Ottaskin der Hetleute, Thorwal
9. Firun 1009 nach Bosparans Fall
Eine weitere Winternacht liegt über der tief eingeschneiten Stadt Thorwal. Auf der Westseite des Kliffs ragt der Hjaldingard-Turm weit in den Nachthimmel und weist mit seinem Leuchtfeuern jenen Mutigen den Weg, die sich auch zu Firuns Jahreszeit der Gnade Efferds anvertraut haben. Einige Schritt von dem Leuchtturm entfernt steht ein in Pelze gehüllter Nordmann, dessen Atem sich eisig vor seinem eisblonden Vollbart abhebt. Der Thorwaler schaut nachdenklich, fast melancholisch auf den seichten Wellengang des Meers der Sieben Winde viele Schritt unter ihm. Nach einigen Minuten reibt sich der Thorwaler, der unter dem Namen Asleif Phileasson bekannt ist, die kalten Hände und stapft durch den tiefen Schnee zurück zur Ottaskin der Hetleute. Dort betritt er das Prunkjolskrim, das mächtige Langhaus der Hetleute, um dort in der Großen Halla seine Saga weiterzuführen. Die Gespräche der anwesenden Nordmänner verstummen, als der eisblonde Kapitän in die Halla tritt und alle Augen richten sich auf ihn. Phileasson setzt sich gemächlich auf den Holzstuhl am Kopfende des langen Tisches, lässt sich warmen Honigwein nachschenken und nimmt einen tiefen Zug aus seinem Trinkhorn, ehe er mit seiner Saga fortfährt:
„Eisig kalt draußen. Gut das wir warmen Met hier haben, der wärmt meine müden Knochen besser als alles andere, das Wohl! Dumm nur, dass der Met auch immer wieder austreten muss!“ Einige der Nordleute grinsen und Asleif Phileasson fährt fort:
„Dann will ich meine Saga also weiterführen. Meine Männer brauchten insgesamt vier Tage von der Gor bis nach Fasar. Da sie dabei westlich des Gorischen Hochplateaus reisten, kamen sie teilweise an anderen Ortschaften vorbei als ich und der Rest der Ottajasko. Dabei ist ihnen vor allem das kleine Dorf Borbra im Gedächtnis geblieben. Dort gab es die größte Eiche Aventuriens zu besichtigen, die gleichzeitig der zwölfgöttlichen Tsa gewidmet ist. Roban war zudem noch ganz angetan von jener rothaarigen Schönheit, die die Frau des örtlichen Lokalherrschers Tarlisin von Borbra ist. Wenn ich mich recht entsinne, hieß sie Mara ay Samra. Sie hatte feuerrote Haare, grüne Augen und stolzierte mit anzüglicher Kleidung und einer Raubkatze durch die Stadt. Du kannst dir sicher denken, dass Roban bei dieser Frau nicht locker gelassen hat, das Wohl!“ Phileasson grinst und auch Mandred nickt mit einem anzüglichen Schmunzeln im Gesicht. Dann fährt der Kapitän fort: „Ansonsten hatten sie noch eine Begegnung mit Ferkina-Wegelagerern, doch im Zweikampf zog der Anführer dieser Horde gegen Wulf schon bald den Kürzeren. Damals führte er noch Selflanatil, doch zu dem Schwert der Orima komme ich später noch. Irgendwann gegen Mitte des Mondes Rondra kamen sie dann in Fasar an und wir trafen uns im Burj ben Cherek. So, nun sollte ich aber erst einmal berichten, wie es mir zusammen mit Hakon und Shaya auf der Reise von Khunchom nach Fasar erging.“ Phileasson legt gemütlich die Beine auf den Steineichenholztisch und nimmt sich noch einen Brotkanten. Mit vollem Mund spricht er weiter:
„Wie schon gesagt sind wir – also Hakon, Shaya und ich – gleich am nächsten Tag aus Khunchom aufgebrochen. Wir haben die Gorische Steppe durchquert und dabei auch eine Nacht in Anchopal, einer prächtigen Oasenstadt im Fürstentum Aranien, verbracht. Weiße Mauern umgaben die Stadt, und auch die prächtigen Gebäude im Inneren waren weiß gekalkt und hatten teilweise sogar golden schimmernde Kuppeln. Südlich der eigentlichen Stadt lag auch noch eine trutzige Feste, Keshal Rohal genannt, eine Ordensburg der grauen Stäbe. Ich glaube das ist eine Magiergilde. Frag da am Besten Aleya, Mandred. Weiter gen Praios konnte man auch die drohenden Umrisse der Gorischen Wüste am Horizont sehen, sah wirklich ungemütlich aus. Ich beneide meine Männer noch heute nicht, dass sie sich damals durch den Staub der Gor kämpfen mussten, das Wohl! Wir hingegen sind in der Stadt in einer gemütlichen Karawanserei untergekommen und mussten dort leider erfahren, dass Beorn zusammen mit einigen anderen Männern bereits vor einigen Tagen hier durchgereist ist. Nun war er also wieder vor uns, der Kn…“ Phileasson kratzt sich mit einem Stirnrunzeln am Hinterkopf und blickt dabei verstohlen in Richtung des jungen Thorwalers Thorn Beornson. Dann spricht er schnell weiter: „Ähm, der Blender, meine ich. In Fasar sind wir dann wieder auf Beorn und seine Leute getroffen, doch dazu später mehr. Bei der am Gadang gelegenen Stadt Ulahbar ließen wir die Gorische Steppe endlich hinter uns und erreichten am Nachmittag des nächsten Tages die Stadt Fasar. Die weitläufige Stadt liegt im Hügelvorland des mächtigen Raschtulswalls und wird nicht umsonst auch als Stadt der Hundert Türme bezeichnet: Überall in der Stadt erhoben sich Lehmtürme die so hoch waren, dass man meinen konnte, sie würden den Himmel selbst berühren. Ich bin mir nicht sicher, ob die höchsten Türme Fasars nicht gar mit Ometheon zu vergleichen sind, das Wohl! Die Stadt selbst hat zudem keinerlei Ordnung wie du sie etwa aus Thorwal kennst: Unzählige Zelte, ganze Zeltdörfer, Ruinen, Nekropolen, Gehöfte und Barracken umgeben den zentralen Teil der Stadt, dem fast jede Form der Befestigung fehlt – nur wenige Stadtviertel besitzen so etwas wie ein Stadttor oder gar eine komplette Außenmauer. Die Viertel selbst unterscheiden sich dann oftmals wie ein Nivese von einem Al'Anfaner. Es gibt ein Viertel der Zwerge, einige Viertel der Mittelländer, Stadtteile der Tulamiden, ein Zeltdorf der Novadis und sogar ein Stadtteil, welcher ganz im Schatten der düsteren Schwarzmagierakademie Al'Achami steht. Dazu gibt es keinen wirklichen Ratsherren, Vogt oder Fürst sondern stattdessen unzählige mächtige Personen, die ‚Erhabene‘ genannt werden und wie Könige über ein oder gar mehrere Stadtviertel herrschen. Natürlich sind die Jungens sich dabei untereinander nicht gerade wohl gesonnen und so kommt es immer wieder zu kleineren Scharmützeln in der Stadt, das Wohl!
Als wir durch die engen und überfüllten Gassen der Stadt schlenderten bemerkte ich bald, dass nicht nur die Händler, sondern sogar die Bettler und Diebe unter dem Schutz eines der Erhabenen stehen mussten. Für jemandem, der in einem Viertel das falsche oder gar kein Zeichen trug wurde es oftmals schnell ungemütlich. Für eine ungestörte Suche nach jenem, der im Basar der Stadt Fasar wahr spricht, war es also sicherlich nicht schlecht, die Gunst von einem dieser Erhabenen zu erlangen. Ich habe mich dann zusammen mit Hakon – der ehemalige Gladiator spricht nämlich den Kauderwelsch dieser Tulamiden! – in Fasar umgehört und schon bald wurde mir klar, bei welchem Erhabenen wir wohl die besten Chancen haben könnten, seine Unterstützung zu erlangen: Habled ben Cherek, einer der mächtigsten Erhabenen der Stadt. Dieser wurde mir nämlich als ein Händler beschrieben, der seltene Dinge aus allen Winkeln Aventuriens sammelt und dafür teils horrende Preise zahlt. Na ja, und wir hatten ja zufällig einige dieser schwarzen Dolche von Pardonas finsteren Kreaturen damals aus dem Himmelsturm mitgenommen, die laut Roban aus einer extrem seltenen Legierung gefertigt waren, das Wohl!“ Bei diesen Worten legt der eisblonde Kapitän einen Dolch mit tiefschwarzer Klinge auf den Tisch. An der Spitze der scharfen Klinge sind die Reste einer Mahlzeit zu erkennen. Asleif dreht den Dolch auf dem Tisch langsam um seine eigene Achse und spricht dabei grinsend weiter: „Würde diesen dunklen Elfen sicher nicht gefallen wenn sie sehen würden, dass ihre kunstfertigen Waffen zu nichts als nur zu Zahnstochern taugen, das Wohl! Jedenfalls sind wir im Stadtviertel Sarjabansarai zu dem höchsten Turm der Stadt, dem Burj ben Cherek, gegangen und haben es tatsächlich geschafft, ein Gespräch mit Habled ben Cherek zu bekommen. Dieser war seltsam. Wirklich seltsam. Einer der seltsamsten Menschen, den ich je gesehen habe. Und ich habe viele Menschen kennengelernt, fürwahr! Ben Cherek war fett wie ein Schwein, hatte rosige Haut und patschte bei den unpassendsten Momentan immerzu fröhlich mit seinen fetten Händen. Ich hätte den Fettsack fast unterschätzt, aber seine verschlagenen Schweinsäuglein verrieten ihn. Es dauerte lange und wir mussten an einem wirklich merkwürdigen Fest teilnehmen, doch schließlich stellte uns der fette Erhabene unter seinen Schutz und bot uns sogar an, für die Dauer unseres Aufenthalts Gästezimmer in seinem Burj zu beziehen. Als Gegenleistung nahm er einen der tiefschwarzen Dolche aus dem Himmelsturm sowie einen Gefallen, welchen ich dem Kerl seitdem schulde. Ich stehe natürlich zu meinen Wort, Mandred, doch wann werde ich je wieder nach Fasar kommen? Nicht so bald, das Wohl!
Auf jeden Fall hatten wir es nun wesentlich einfacher, Erkundigungen in Fasar zu machen. Hakon fand schon bald heraus, dass Beorn und seine Leute sich ebenfalls in der Stadt aufhielten. Auch der Blender hatte sich klugerweise mit einem der Erhabenen der Stadt gut gestellt, einem gewissen Harun al Matassa, ebenfalls im Stadtviertel Sarjabansarai ansässig. Er hatte mittlerweile wie schon erwähnt neue Leute angeheuert, darunter auch Berosch und Eilif Sigridsdottir. Auch ein Elf war dabei, sein Name lautete Falnokul – recht bald erfuhren wir, dass dieser Elf der Partner des von Ungrimm bei Nordburg getöteten Kopfgeldjägers Sven Gabelbart war. Ob er sich aus Rache oder wegen des Ruhms Beorn angeschlossen hatten konnten wir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht herausbekommen.
Als wir dann einige Tage lang durch die Gassen und Markthallen Fasars schlenderten sahen wir immer wieder teils völlig verrückte Propheten und Prediger unzähliger Götter, Halbgötter, Heiliger und Götzen. Wir vermuteten – und wir lagen richtig! –, dass sich jene gesuchte Person aus Shayas Vision unter dieser Bande aus Verrückten und Heuchlern befinden musste. Ich kann dir sagen, Mandred, die angeblichen Visionen dieser ganzen Irren anzuhören war schlimmer als das Deck nach einem erfolgreichen Entermanöver zu schrubben, bei Swafnir! Irgendwann trafen wir aber dann auf den alten Ben Aram. Dieser hatte sich fest vorgenommen, die Ärmsten der Armen unter den Bewohnern Fasars vor einem drohenden Krieg zu retten. Immerzu sprach er von einem riesigen, sandfressenden Raben, der die Lande mit Krieg und Verderben überziehen wird. Zugegeben, ich habe eine Weile gebraucht, doch dann wurde es mir klar: Dieser Mann sah in seinen Visionen den aufziehenden Khômkrieg und sprach damit wahr! Der Sand nämlich könnte leicht als das novadische Kalifat verstanden werden, während der riesige Rabe natürlich für die Horden des verruchten Al'Anfas steht! Ich denke Shaya hatte das viel schneller als ich erkannt, doch noch immer verhielt sie sich entsprechend der Regeln unserer guten Garhelt …“ Bei der Nennung des Namens der verstorbenen Obersten Hetfrau Thorwals hebt Asleif das Methorn und brüllt aus voller Kehle: „Auf Garhelt, das Wohl!“ Die anwesenden Nordleute tun es ihm gleich und sogar der Moha Ynu und der Magier Ambareth prosten mit ihren Methörnern in die Runde. Als die Ehrbezeugungen gegenüber der verstorbenen Hetfrau langsam abklingen spricht Asleif Phileasson weiter: „Wie gesagt, ich denke das sich Shaya damals gemäß den Regeln des Wettkampfes bei solchen Dingen zurückhielt. War nicht ganz in Ordnung, denn Beorns Begleitung war alles andere als neutral. Andererseits war es ja seit dem Himmelsturm auch nicht mehr Lenya sondern die finstere Pardona, die den Blender in der Gestalt der Travia-Geweihten begleitet hatte.
Wie dem auch sei, ich erzähle die Saga Phileassons, nicht Beorns, zurück zu Ben Aram also. Dieser hatte mittlerweile fast 80 Bettler und Krüppel aus Fasar um sich geschart und plante, sie alle zu einem bestimmten Ort aus seiner Vision zu führen. Der genaue Standort dieses Ortes war ihm dabei jedoch noch nicht bekannt, lediglich der Weg durch die Khôm war vorgezeigt. Dies passte natürlich ebenfalls zu unserer Aufgabe, war dort doch von lebendigem Stein tief im Sand der Äonen die Rede. Tja, nicht umsonst bezeichnet man die Khôm auch als Sandmeer. Im inneren Bereich dieser lebensfeindlichen Wüste, bei den Wüstensöhnen Erg genannt, gibt es nichts als Sand, Sand und abermals Sand!
Für eine Reise durch die Khôm muss man aber auch die entsprechenden Mittel haben. Ben Aram hatte diese nicht, zusätzlich war sein Plan, an genügend Geld zu kommen, eher wenig erfolgsversprechend. In wenigen Tagen nämlich sollte das Große Pferderennen im Hippodrom zu Fasar starten und Ben Aram plante, dass sein Reiter Alev dieses Rennen gewinnt und er mit dem Preisgeld seinen Zug durch die Khôm finanzieren kann. Wir jedoch hatten einen Elfen, die bekanntlich zu den besten Reitern Aventuriens zählen. Ich war also zuversichtlich, dass wir dieses Rennen gewinnen würden, wenn meine Männer rechtzeitig in der Stadt der hundert Türme eintreffen würden.
Beorn hatte dagegen leider mehr Glück. Er fand in dem Propheten Berengar jenen Mann, von dem seiner Meinung nach die Aufgabe der Wettfahrt sprach. Berengar kam mir damals verrückt vor, doch heute weiß ich, dass zumindest seine Vision einen wahren Kern hatte. Er faselte nämlich immerzu davon, eine blaue Rose in den Weiten der Khômwüste wiederzufinden. Tja, und der Name der Anführerin der Shiannafeya lautete Urdiriel, was übersetzt ‚Blaue Rose‘ bedeutet. Aber auf die Wüstenelfen werde ich erst später zu sprechen kommen. Beorn hatte jedenfalls was er brauchte und zog bereits einige Tage vor uns in Richtung der Wüste Khôm ab. Er hatte ja schließlich auch keine 80 Krüppel und Kinder bei sich, die es lebend durch die Khôm zu bringen galt, bei Swafnir! Aber ich will mich nicht beklagen, denn das Schicksal war gerecht – nach Kei Urdhasa hatte nämlich Beorn Ben Aram und seinen Bettlerzug am Hals, das Wohl!“ Phileasson grinst bei seinen letzten Worten und nimmt einen tiefen Schluck aus seinem Trinkhorn, ehe er weiterspricht:
„Einige Tage später kamen dann endlich die übrigen Mitglieder meiner Ottajasko in Fasar an, immerhin noch vier Tage bevor das Große Pferderennen zu Fasar stattfand. Zuvor hatte Ben Aram einen weiteren Rückschlag einstecken müssen: Alev der Bettler durfte aufgrund seines Standes nicht am Großen Pferderennen teilnehmen. Die Hoffnung lag nun also ganz auf unserem Elfen Shirandra!
Am Abend lud uns Habled ben Cherek dann zu einem weiteren seiner seltsamen Feste im Burj ben Cherek ein. Ich schätze ich hätte meine Männer, vor allem den Zwergen Ungrimm, bezüglich der Vorlieben des fetten Erhabenen vorwarnen sollen. Ben Cherek war nämlich dem männlichen Geschlecht zugetan, je exotischer desto besser. Und was könnte exotischer als ein Zwerg sein, bei Swafnir! Leider merkte Ungrimm viel zu spät auf was das alles hinauslief und als er schließlich mit Lederkleidung und Tiermaske vor Habled stand war es zu spät, aus dieser Sache herauszukommen, ohne den fetten Erhabenen zu verärgern. Na ja, zum Schluss wurde Ungrimm aus dem Burj geworfen und wir Übrigen durften kein Wort mehr über den Angroscho verlieren, solange wir im Burj ben Cherek verweilten.
Auf der Feier Ben Chereks war auch jener Reiter anwesend, der für den Erhabenen beim Großen Pferderennen teilnehmen sollte. Hahmud al'Kira hieß er, wenn ich mich noch recht erinnere. Meine Männer jedenfalls schienen in dem Tulamiden einen ernstzunehmenden Gegner zu sehen und ich bin mir fast sicher, dass sie versucht haben, den Reiter vor Beginn des Pferderennens irgendwie auszuschalten. Ich habe nie gefragt, aber ich glaube, dass dieses Vorhaben sogar zu Streit zwischen den Männern geführt hat. Geschafft haben sie es aber auf jeden Fall nicht.
Am 21. Rondra war es dann endlich soweit: Das Große Pferderennen zu Fasar fand statt! Das Hippodrom, in welchem das Rennen abgehalten wurde, war riesig, das kann ich dir sagen! Ich schätze der gesamte Winterhafen Thorwals hätte dort problemlos Platz gefunden, so groß war das Bauwerk! Jedes Rennen ging über drei komplette Runden, Regeln gab es dabei kaum. So kam es immer wieder vor, dass einer der Teilnehmer mit Peitschenhieben aus dem Sattel gehoben wurde oder sich unter donnernden Pferdehufen üble Verletzungen zuzog. Insgesamt gab es drei Rennen: Die ersten Drei der ersten Runde kamen weiter, ebenso dann die ersten Drei der zweiten Runde, die damit auch für die Teilnahme am Finale qualifiziert waren. Shirandra schlug sich auf seinem weißen Elfenpferd wirklich gut. Bei dem ersten Rennen kam er wohl noch nicht so gut mit den brachialen Sitten der Tulamiden zurecht und wurde Dritter, doch bereits in der zweiten Runde erreichte er den ersten Platz, das Wohl! Das Finale am dritten Tag der Veranstaltung war dann wirklich sehenswert. Shirandra lieferte sich ein Kopf an Kopf-Rennen mit Mahmud al'Kira und dem Reiter des Praioten Lazlo Fitz Stratzburg, doch letztendlich konnte er beide hinter sich lassen und gewann doch tatsächlich das Finale im Hippodrom zu Fasar! Ich bin stolz, dass Shirandra Mitglied meiner Ottajasko war, das Wohl!“ Bei diesen Worten hebt Phileasson sein Trinkhorn hoch in die Runde und die anwesenden Zuhörer prosten dem Kapitän lautstark zu. Asleif Phileasson stellt das Methorn schließlich wieder krachend auf den Eichenholztisch, ehe er weiterspricht:
„Wir hatten es also tatsächlich geschafft! Das Rennen war gewonnen, das Geld und vor allem die Kamele für Ben Arams waghalsige Reise durch die Khôm gehörten uns! Zusätzlich hatten sich meine Männer durch Wetten auf den Außenseiter Shirandra eine goldene Nase verdient. Hätte ich auch machen sollen, das Wohl!
Am 24. Rondra brachen wir also mit Ben Aram, seiner Tochter Aischa und etwa 80 Bettlern auf der Zedernstraße in Richtung Naggilah auf. 45 Kamele umfasste der Zug, Wasser und Proviant hatten wir meiner Meinung nach also überreichlich dabei. Wulf, Roban und Mythornius waren da etwas skeptischer, waren sie doch vor vielen Jahren bereits einmal in den unwirtlichen Weiten der Khôm unterwegs. Den Gerüchten um die seltsamen Wüstengeister, die von den Einheimischen Beni Geraut Schie genannt wurden, schenkten wir damals noch wenig Beachtung – doch das sollte sich schon bald ändern, das Wohl!“
Phileasson lehnt sich in seinen Holzstuhl zurück und gähnt ausgiebig, während er die Arme hinter dem Rücken ausstreckt. Dann winkt er den braunhaarigen Diener Jorgen Olgulfson herbei. Der Nordmann tritt herbei und Asleif spricht ihn an: „Jorgen, sei so gut und bring uns eine Runde Premer Feuer, damit wir die Kälte da draußen vollständig vergessen. Ich werde meinen Zuhörern nun nämlich von der Hitze der Khôm berichten, das Wohl!“