Die Phileasson-Saga: Liscom Ghosipar von Fasar
Reisebericht des ‚Königs der Meere‘, Hetmann Asleif Phileasson von der Glutströhm-Ottajasko
aufgezeichnet von Mandred, Sohn des Orm Follkerson
Ottaskin der Hetleute, Thorwal
9. Firun 1009 nach Bosparans Fall
Die letzten Strahlen des Praiosrund sind bereits seit einiger Zeit über dem tief verschneiten Kliff Thorwals verschwunden und es kündigte sich eine weitere lange Winternacht an. Während eine leichte Brise einzelne Schneeflocken über das Kliff tanzen lässt, dringt flackernder Fackelschein aus den mit Pergament verhangenen Fenstern des großen Prunkjolskrims in der Ottaskin der Hetleute. Vor dem Eingang balgen sich zwei streunende Hunde knurrend um einen Fischkopf, während im Inneren zahlreiche Nordmänner am großen Eichenholztisch der Großen Halla ihr Abendmahl beenden. Am Kopfende sitzt Asleif Phileasson, der sich mit einer Fischgräte die letzten Reste des gerade verspeisten Bodirsalms aus den Zahnlücken kratzt. Nachdem er die Fleischfetzen mit einem ordentlichen Schluck Honigwein hinuntergespült hat, schaut er kurz in die Runde der anwesenden Thorwaler, ehe er mit der Erzählung seiner Aventurienreise fortfährt:
„So. Mit vollem Magen erzählt es sich doch gleich viel leichter, nicht wahr Mandred? Ungrimm, Roban, Wulf, Mythornius, Shirandra und der geheimnisvolle Bukhar folgten also der Schleifspur des Dämons von der Schwarzen Kralle aus in Richtung Efferd. Der Weg durch den fließenden Sandstaub der Gor war natürlich beschwerlich und kräftezehrend und entsprechend langsam kamen die Männer voran. Einige Stunden später, ich glaube es war bereits am nächsten Tag, wurden meine Männer auf eine Harpyie aufmerksam, die in großer Höhe über ihnen kreiste. Kein Zufall, das kann ich dir sagen, Mandred. Die Schleifspur führte zudem wohl direkt über das ehemalige Schlachtfeld der Magierkriege, denn unzählige Skelette verbargen sich unter dem Staub der roten Gor. Einige dieser Skelette waren derart verwachsen und verdreht, dass die bloße Existenz dieser widernatürlichen Kreaturen wohl einst gegen den Willen den Götter verstoßen hatte. Dazu waren Stimmen zu hören, so als ob die Geister der gefallenen Krieger noch heute versuchten, ihren Weg in Swafnirs Hallen zu finden. Ich gebe es nicht gerne zu, doch als mir Ungrimm in Fasar von diesem Ort erzählt hatte, war ich froh, dass mich mein Weg direkt nach Fasar geführt hatte. Banditen, wilde Tiere und Seeschlangen, mit denen komme ich zurecht, aber Geister? Was soll man gegen diese Dinger denn ausrichten? Meine Männer jedenfalls hatten Glück und konnten das verfluchte Schlachtfeld ohne Schaden passieren.
Einige Meilen später ging es dann langsam aber stetig bergauf, bis die Männer schließlich auf der Kuppe der Erhebung einige schwarze Obelisken aus dem roten Sand der Gor aufragen sahen. Schon bald stellten sie fest, dass es sich dabei um einen einigermaßen regelmäßigen, mehrere Meilen großen Ring aus Obelisken handelte, die eine gut ein Dutzend Schritt tiefere Senke eingrenzten. Hier oberhalb des Fließsands war die Schleifspur des Dämonen auch wieder deutlich zu erkennen und führte direkt zwischen zwei Obelisken hindurch nur um einige Schritte später irgendwo im roten Staub über der Senke zu verschwinden. Tja, und dann machte der Geschichtenerzähler Bukhar seiner Berufung alle Ehre, das Wohl!“ Phileasson nimmt schmunzelnd einen weiteren Schluck Honigwein, ehe er zu Mandred gewandt weiterspricht: „Na, Geschichte ist vielleicht das falsche Wort, denn immerhin stellte sich all das, was Bukhar meinen Männern nun erzählte, tatsächlich als die Wahrheit heraus. Jedenfalls, als er zwischen zwei der Obelisken hindurchtreten wollte, flammte sein Armreif erneut auf und er ging schmerzerfüllt zu Boden. Wer weiß, vielleicht haben die Schmerzen seinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen, wer kann das bei einem Drachen schon sagen. Ja, du hast richtig gehört, Mandred: Drache! Bukhar erzählte nämlich unvermittelt, dass er selbst der Alte Drache Teclador sei und er das schändliche Treiben des Schwarzmagiers Liscom von Fasar in der Gorischen Wüste verhindern wollte. Dieser plante die Zeit selbst zu schänden um den mächtigen Schwarzmagier Borbarad in den Körper eines jungen Mannes zu beschwören. Deswegen schuftete der junge da Merinal also nicht in der Mine unter der Schwarzen Kralle sondern harrte irgendwo dort unten seinem Schicksal. Aber es wurde noch komplizierter. Lass mich einen Augenblick nachdenken, Mandred.“ Phileasson kratzt sich eine Weile nachdenklich am Kinn, ehe er weiterspricht: „Genau. Eine bestimmte Sternenkonstellation war auch noch nötig, ebenso der Karfunkelstein eines Drachen. Tja und dieser Teclador war dann wohl doch nicht so helle wie alle denken, denn immerhin hatte er sich durch irgendeine List Liscoms gefangen nehmen und sich seines Karfunkels berauben lassen. Hranngarbrut eben, schlau ist keines dieser Viecher, das Wohl!“ Asleif Phileasson prostet den anwesenden Thorwalern grinsend zu und lautstarkes Gelächter aus zahlreichen Kehlen schallt dem Hetmann entgegen. Lediglich Aleya Ambareth runzelt die Stirn, beschließt aber, keinen Einwand zu erheben. Der Hetmann der Glutstöhm-Ottajasko fährt indes mit seiner Erzählung fort:
„Immerhin konnte Bukhar meinen Männern auch berichten, was sich zwischen dem Ring aus Obelisken befand: Unter dem ständig fließendem Staub der Gor war dort ein großes Tal, welches zum größten Teil von einem wild wuchernden Dschungel bedeckt wurde. Liscoms Turm ragte irgendwo am Rande des Tals auf einer steilen Felsnadel auf. Im Tal selbst befand sich ein Sklavendorf sowie die Schmiede und der Hochofen, mit welchem das Mindorit verhüttet wurde. Die Schleifspur des Dämons führte zudem zu einem hölzernen Lastenkran, mit welchem das Tal von oben erreicht werden konnte. Bukhar warnte meine Männer auch, dass der finstere Liscom bereits um die Ankunft der Gruppe wissen sollte, denn immerhin verfügte er über Vogelfrauen, geflügelte Echsen und geflügelte Augen. Kein Scherz, Mandred. Mythornius hat mir bestätigt, dass es solche niederhöllischen Augenwesen tatsächlich gibt, auch wenn sie den Blicken der Menschen verborgen bleiben. Beruhigende Vorstellung, nicht wahr?“ Während dem letzten Satz grinst der eisblonde Hetmann schief, ehe er weiterspricht:
„Die Aufgabe jedenfalls war klar: Es galt, den Gauklerjungen zu befreien! Meine Männer wagten sich also zwischen den Obelisken hindurch, ohne dass etwas passierte. Bukhar allerdings hatte weniger Glück, die Schmerzen schienen diesmal sogar noch stärker zu sein und es dauerte lange, ehe er wieder aus eigener Kraft gehen konnte. Wenig später wurde die träge dahinfließende Staubschicht der Gor durchschritten und tatsächlich konnte nun das von Bukhar beschriebene Tal viele hundert Schritt weiter unten ausgemacht werden! Rötliches Zwielicht und dampfende Hitze ließen das Dschungeltal dabei unwirklich und seltsam erscheinen. Die Schleifspur des Dämons führte zu dem erwähnten Holzkran, auf etwa halber Strecke dorthin ragte der Turm Liscoms auf einer steilen Felsformation in die Höhe. Der schwarze Turm bestand aus mehreren, mit Erkern und Balkonen verzierten Stockwerken, der über eine massive Steinbrücke auch von oben erreicht werden konnte. Die Plattform des Turms diente wohl den Vogelfrauen als Heimstätte. Die ungewöhnlich lange Brücke, die den steilen Abgrund zwischen Weg und Turm überspannte, schien dabei wie aus Stein gegossen und tragfähig zu sein. Dies konnte sich Ungrimm zu diesem Zeitpunkt nicht erklären – wie hätte er auch ahnen können, dass dieser seltsame Zwerg Kurun, auf den die Männer wenig später treffen sollten, die Magie beherrscht hatte, Steine beliebig zu verformen! Das wuchtige, zweiflügelige Tor am anderen Ende der Brücke war über und über mit schrecklichen Dämonenfratzen bemalt und auch die Schießscharten zu beiden Seiten der Torflügel waren wenig einladend. Da den Männern auch die Warnung des sichtlich geschwächten Bukhars noch immer im Gedächtnis hatten, beschlossen sie, den Turm erst einmal zu umgehen und direkt in das Tal hinabzusteigen.
Mit Hilfe der hölzernen Krankonstruktion gelang den Männern dann wenig später der Abstieg ins Tal, auch wenn sie dabei eine sehr unerfreuliche Begegnung mit einer Harpyie hatten. Na ja, für die Vogelfrau war es allerdings noch unerfreulicher, das Wohl!
Unten angekommen standen sie dann direkt vor dem Hochofen und der nebenan gelegenen Schmiede. Dort fanden die Männer auch zahlreiche Lagerstellen mit Mindorit oder dem Metall Mindorium, was vor allem Roban und seltsamerweise auch den Magier Mythornius begeisterte. Etwas weiter …“ Aleya Ambareth fällt dem Hetmann mit kräftiger Stimme ins Wort: „Verzeih, Foggwulf, wenn ich deine Saga unterbreche, aber haben deine Männer auch etwas von diesem Mindorium mit nach Thorwal gebracht?“ Asleif runzelt die Stirn und scheint wenig erbaut über die Unterbrechung zu sein, antwortet seinem Schiffsmagus dann aber schließlich doch: „Nein, wir haben später das ganze Metall in Fasar verkauft, um so den Bettlerzug in die Khôm zu finanzieren. Aber das greift zu weit voraus.“ Während der Magus mit sichtlich enttäuschtem Gesichtsausdruck nickt fährt der eisblonde Kapitän fort: „Also, zurück zum Tal in der Gor. Etwas abseits der Schmiede befand sich das Dorf der Sklaven. Sie schienen allesamt teilnahmslos aber auch zufrieden zu sein, sicherlich unter einem Zauberbann des Schwarzmagiers im Turm stehend. Den Namen Colon da Merinal hatte keiner der Gefangenen je gehört – ob dies an dem Zauberbann lag oder es tatsächlich die Wahrheit war, war schwer zu sagen.
Daher beschlossen die Männer schließlich doch, den Turm des Magiers genauer in Augenschein zu nehmen. Denn wenn Bukhar recht haben sollte, dann wäre der junge Colon genau der richtige Gefangene für das düstere Ritual dieses Liscoms. Der geschwächte Bukhar begleitete sie zum Turm, war jedoch während der meisten Zeit aufgrund seiner Schwäche keine wirkliche Hilfe.
Die Männer näherten sich also dem Turm oder besser gesagt der Felsnadel aus Richtung des Sklavendorfs und entdeckten dort an der Ostseite des steilen Felsens eine in den Stein gehauene Treppe, die an der Felsnadel entlang steil nach oben bis zum Turm des Magiers führte. Die Steintreppe war so eng, dass immer nur zwei Mann nebeneinander gehen konnten und so wurden die beiden kräftigen Recken Ungrimm und Roban vorausgeschickt – keine ganz schlechte Entscheidung, denn auf etwa halber Höhe stellte sich ihnen eine niederhöllische Kreatur in einer schwarzen Kutte entgegen, welche die beiden sofort mit flammender Peitsche und einem gezackten Zweihänder angriff. Der Nostrier und der Angroscho konnten die düstere Kreatur zwar mit gezielten Hieben zurück in die Niederhöllen schicken, doch spätestens nach diesem Kampf hatte wohl auch der letzte Bewohner des Turms die Neuankömmlinge im Tal bemerkt. Nichtsdestotrotz gingen meine Männer weiter nach oben, Roban wie immer natürlich an vorderster Stelle. Die Treppe endete auf einer Art Balustrade, von welcher aus sie vorsichtig in das Erdgeschoss des Turmes eingedrungen sind. Dort unten waren vor allem Lager- und Vorratsräume zu finden, aber auch die Quartiere weiterer widernatürlicher Schlangenmenschen. Wobei, schreib lieber Kammern oder Käfige, Mandred, denn außer stinkendem Stroh und wenigen Habseligkeiten war dort nichts zu finden. Einige dieser stinkenden Hranngarsviecher waren auch anwesend, doch meine Männer machten zu Recht kurzen Prozess mit ihnen. Der interessanteste Raum im Erdgeschoss aber war wohl das Zimmer jenes seltsamen Zwergen, den die Männer bereits in der Mindorit-Mine zu Firun geschickt hatten. Dort fanden sie unzählige Pläne, Zeichnungen und Werkzeuge – und einen kleinen Beutel mit Steinen. Du ahnst es schon, Mandred, dort fand Ungrimm die übrigen Steine für die verzauberte Axt. Je nachdem, welcher Stein in die von Ungrimm ‚Tänzer‘ genannte Axt eingesetzt wird, bekommt diese mächtige Waffe andere Eigenschaften. Ein brennendes Axtblatt, Ranken die aus der Axt wachsen oder unmenschlich wuchtige Schläge sind nur einige der überaus seltsamen Fähigkeiten, die man mit diesem Felsspalter in der Hand erlangen kann. Es dauerte natürlich viele Monde, ehe Ungrimm seine neue Axt vollständig beherrschte. Doch das ist eine andere Geschichte. Das er seit dieser Zeit auch immer wieder mit seiner Axt spricht, das sollte in der Saga besser unerwähnt bleiben, jeder hat schließlich so seine Eigenheiten, nicht wahr? Wieso sonst solltest du dir so einen seltsamen Haarschnitt machen lassen, Ynu?“ Bei diesen Worten klopft Phileasson seinem Freund Ynu freundschaftlich auf den Rücken. Die anwesenden Nordmänner schmunzeln, während Asleif Phileasson weiterspricht:
„Das erste Stockwerk des Turms war im Vergleich zu dem düsteren Erdgeschoss, in welchem lediglich die Kammer dieses Zwergen Kuruns einigermaßen wohnlich war, ein wahrer Palast. Dieser geheimnisvolle Liscom von Fasar hatte sich dort auf eine Art und Weise eingerichtet, die wohl auch einem tulamidischen Fürsten gefallen hätte. In einem großen Salon, mit Wand- und Bodenteppichen geschmückt, fanden sie einige gepolsterte Sessel, die um einen edlen Mohagoni-Tisch angeordnet waren. Zusätzlich war dort noch ein Metallgestell mit einem riesigen Kristall zu sehen. Tja, und bevor meine Männer sich den Raum noch genauer anschauen konnten wurde dieser wohl verzauberte Kristall aktiv und zwang alle Anwesenden, sich auf die Sessel zu setzen. Diese waren wohl ebenfalls mit finsterer Magie durchzogen, denn keiner der Recken schaffte es, sich aus eigenem Willen wieder zu erheben. Viel Zeit zum Probieren hatten sie aber sowieso nicht, denn wenig später trat der Hausherr, der Schwarzmagier Liscom Ghosipar von Fasar, in den Salon. Laut den Beschreibungen von Ungrimm war dieser Geck ein echter Angeber, der sich mit Mythornius lange über irgendwelche Spielarten der Magie unterhielt. Er wollte meine Männer doch tatsächlich davon überzeugen, dass die Rückkehr eines so finsteren Schwarzmagiers wie es dieser Borbarad einst war gut für die Welt wäre! Dem hat doch Hranngar persönlich in den parfümierten Hintern … na ihr wisst schon was ich meine, Jungs!“ Schallendes Gelächter aus den Kehlen der Thorwaler antwortet dem Hetmann. Lediglich der Magus Aleya Ambareth kratzt sich nachdenklich am Kinn, während er ein bereits beschriebenes Stück Pergament umdreht und dann in geschwungenen Buchstaben weitere Gedanken zu Papier bringt. Als sich die meisten der anwesenden Nordmänner wieder beruhigt haben, nimmt Phileasson noch einen großen Schluck Honigwein, ehe er schließlich weiterspricht:
„Jedenfalls war dieser Liscom dann alles andere als erfreut über die Ablehnung meiner Männer und beschwor einen ekelhaften Dämonen, der mit seinen dicken Krähenfüßen, den schleimigen Tentakeln und dem riesigen und scharfkantigen Schnabel direkt über dem Mohagoni-Tisch erschien! Während sich Liscom dann aus dem Raum entfernte versuchten meine Männer natürlich fieberhaft, sich aus den Sesseln zu erheben – ohne Erfolg! Doch dann fiel diesem Bukhar-Drachen wohl plötzlich ein, dass er solcherlei Zauberkristalle zerstören kann und tat dies mit einem mächtigen Flammenstrahl auch sogleich, nur um anschließend mal wieder bewusstlos umzufallen. Drachen eben, das Wohl! Meine Männer konnten sich nun aber endlich wieder frei bewegen. Ungrimm schlitterte sogleich mit einer tollkühnen Aktion unter den Tisch und hakte dem Dämon von unten in die Weichteile. Hm, hat ein Dämon überhaupt Weichteile, Aleya?“ Der bleiche Magier schaut verdutzt von seinem Pergament auf und blickt seinen Kapitän verständnislos an. Erst als Asleif die Frage wiederholt, antwortet der Magus mit Schalk in den schwarzen Augen: „Hmmm. Dies ist – so leid es mir auch tun mag – ein Forschungsgebiet, das in der Magierzunft bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde.“ Asleif winkt ab und antwortet: „Na egal, für die Saga ist es weniger wichtig, wie genau sich diese Hranngarsbrut eigentlich vermehrt, das Wohl! Jedenfalls konnten meine Männer diesen schleimigen Gegner mit vereinten Kräften schließlich besiegen.
Nun waren die Männer natürlich sauer und wollten es diesem Liscom heimzahlen. In den wenigen Räumen des zweiten Stockwerks konnten sie den Magier nicht ausmachen, ebenso wenig im Erdgeschoss. Von dort führte allerdings auch eine Treppe in die Kellergewölbe, die wohl einst dem Gestein der Felsnadel abgetrotzt worden sind. Mit Hilfe des leuchtenden Zauberstabs von Mythornius drangen sie in die einzelnen Räume vor. Auch hier konnten sie den Schwarzmagier nicht ausfindig machen, dafür allerdings einen Käfig mit einem kleinen Drachen darin. Du ahnst es schon Mandred, hier hat Mythornius diesen unglaublich nervtötenden Meckerdrachen gefunden, der sich mal Pug, mal Pog nennt. Schade das ich nicht dabei gewesen bin, ich hätte dieses kleine Hranngarsgezücht dort verrotten lassen, das Wohl!
Eine weitere Treppe führte noch tiefer in den Felsen hinein und dort standen die Männer schließlich dem finsteren Liscom in seinem Labor gegenüber. Der Geck versuchte sogleich, meine Männer mit Worten einzuschläfern, doch diesmal hatten sie genug von Worten und gingen mit dem blanken Stahl in der Hand auf den Schwarzmagier los! Diesem gelang es noch irgendwie, einem steinernen Wasserspeier Leben einzuhauchen und eine dämonische Riesenraubkatze – ich glaube Mythornius nannte sie Zant – auf Ungrimm zu hetzen. Dann entbrannte auch schon einer der schwersten Kämpfe, den die Recken je zu bestreiten hatten! Zuerst fiel der Wasserspeier unter den wuchtigen Hieben Robans, dann endlich konnte sich der mittlerweile von diesem Zant zu Boden gedrückte Ungrimm befreien und dieser niederhöllischen Kreatur den Rest geben. Wenig später gelang es ihnen dann auch endlich, den finsteren Schwarzmagier zur Strecke zu bringen. Durch die Feuerzauber der beiden Magier fing dabei aber auch das Labor Flammen und die zahlreichen Flüssigkeiten und Substanzen ließen es schnell zu einem regelrechten Inferno anwachsen. Immerhin hatten sie noch genug Zeit, um Tecladors Karfunkelstein zu bergen. Irgendwie wusste dieser Drache nämlich genau, wo dieser taubeneigroße Edelstein versteckt war.
Im Tal hat sich Bukhar oder besser Teclador den Edelstein dann irgendwie in den Kopf getrieben – sah sicher nicht gerade schön aus! – und verwandelte sich gleich darauf tatsächlich in einen riesigen Drachen, sicherlich so groß, wenn nicht gar größer, wie ein ganzes Drachenschiff! Meinen Männern, allen voran Ungrimm, war natürlich recht mulmig zumute, doch der riesige Drache sagte nur noch einige kurze Worte des Dankes, überreichte ein paar Geschenke und flog von dannen. Ich schätze mal, dass dies wohl der bisher netteste Drachen war, der je gesehen wurde. Meine Männer standen nun natürlich erst etwas ratlos da, konnten sie doch nicht glauben, was sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte. Ich sage dir Mandred, hätte mir das irgendwer sonst erzählt, ich hätte es nicht geglaubt. Aber für meine Männer lege ich die Hand ins Feuer, das Wohl!
Die Sklaven im Dorf waren durch den Tod Liscoms von ihrem Bann befreit und konnten die Männer zu einer versteckten Höhle führen, in welcher der Schwarzmagier wohl sein finsteres Ritual geplant hatte. Dort fanden sie dann auch den lange gesuchten Colon da Merinal. Nachdem alle einigermaßen zu Kräften gekommen waren, begaben sich meine Männer zusammen mit den befreiten Sklaven aus dem Tal und der Mindorit-Mine auf den beschwerlichen Weg durch die Staubwüste der Gor. Ein oder zwei Tage später standen sie dann endlich wieder am Fuße dieses schrecklichen Tafelbergs und die Erlebnisse dort oben in der Staubwüste verblassten langsam. Die befreiten Sklaven verstreuten sich schon bald in alle Himmelsrichtungen, denn fast jeder hatte lang vermisste Freunde oder Familie, die es aufzusuchen galt. Auch Colon bedankte sich nochmals bei meinen Männern, ehe er sich schließlich auf den Weg nach Khunchom aufmachte, um dort seine Familie wiederzutreffen. Meine Männer indes entschieden sich gegen die Rückreise ins Mhanadi-Delta, da uns die Aventurienreise schließlich offensichtlich nach Fasar führte. Tja, und in Fasar, da passierte auch so einiges, das kann ich dir sagen, Mandred. Aber erst einmal muss ich den Met aus meiner Blase lassen, das Wohl!“ Mit diesen Worten trinkt der Hetmann sein Trinkhorn aus, stellt es krachend zurück auf den Eichenholztisch und steht dann ächzend auf, um sich in der eisigen Winternacht Thorwals zu erleichtern.