Die Phileasson-Saga: Der Silvanden Fae'Den Karen

Reisebericht des ‚Königs der Meere‘, Hetmann Asleif Phileasson von der Glutströhm-Ottajasko

aufgezeichnet von Mandred, Sohn des Orm Follkerson

 

Ottaskin der Hetleute, Thorwal

6. Firun 1009 nach Bosparans Fall

 

Die Dämmerung senkt sich langsam über das mit weißem Schnee überzogene Kliff Thorwals. Der ungestüme Nordwind hat vor der Ottaskin der Hetleute alle Spuren vergangener Besucher verweht. Frischer Schnee liegt dort, der knirschend unter den schweren Schritten der Nordmänner nachgibt. An der Spitze der Männer geht Asleif Phileasson, ihm folgen zahlreiche weitere Thorwaler in die Große Halla. Mandred Ormson, Sohn des berühmten Skalden Orm Follkerson, geht zur Linken Phileassons, während der Moha Ynu vor Kälte zitternd zur Rechten des Hetmanns läuft. Hinter den Dreien folgen sicherlich noch über drei Dutzend Nordleute, die allesamt die Fortsetzung der Saga Phileassons hören wollen. Unter ihnen ist auch der seltsame Magus Aleya Ambareth, der mit seinem Zauberstab tiefe Löcher im weichen Schnee hinterlässt.

Mit einem kraftvollen Stoß lässt Phileasson die schweren Türflügel der Großen Halla auffliegen. Zielstrebig geht er auf einen am Kopfende des mächtigen Tisches gelegenen Steineichenholzstuhl zu. Mit einem Seufzer lässt er sich auf dem Stuhl nieder, schlägt die schneeverkrusteten Stiefel übereinander auf den Tisch und ruft nach hinten: „Heda, Jorgen Olgulfson, Swafnir mag's dir vergelten, wenn du mir und meinen Begleitern nur gut auftischen willst!“ Jorgen nickt und wendet sich ab, während Phileassons Begleiter sich nach und nach auf die freien Stühle setzen, die rund um die riesige Tafel aufgestellt sind. Eilig werden die Methörner gefüllt, und schon bald danach prostet der hünenhafte Hetmann den übrigen Anwesenden zu. Asleif nimmt einen tiefen Zug Met, dann wischt er sich den honigsüßen Alkohol vom Bart und beginnt zu sprechen:

„Aahh! Tut gut, so ein warmer Met, nachdem man den eisigen Atem Firuns im Nacken spürte, nicht wahr Jungens?“ Ohne eine Antwort abzuwarten spricht er weiter: „Na, dann will ich mal meine Saga weitererzählen, nicht dass Mandred alt, grau und zittrig wird und ich ihm immer noch nicht das Ende der Saga erzählt habe, das Wohl! Einige Tage nach Norburg hatten wir also all den Ärger hinter uns gelassen. Irgendwo zwischen Norburg und Festum, einige Meilen abseits der Bornstraße gelegen, kamen wir dann zu dem Wald, den die Nivesen ‚Silvanden Fae'den Karen‘ nennen. Nirka hat es mit ‚Wald der fetten Karene‘ übersetzt, weil sich die Viecher dort jedes Jahr aufs Neue in nur wenigen Tagen soviel Fett anfressen, wie sie es sonst nur in vielen Wochen auf den üppigsten Weiden schaffen würden. Ich weiß nicht ob ich den Wald jemals wiederfinden würde, Mandred. Im Bornland ist nämlich überall Wald, musst du wissen. Und mitten im Wald, nun da war eben ein besonderer Wald. Nur uns Nordmännern fehlt wohl der rechte Blick dazu, falschen Wald von richtigem Wald zu unterscheiden, das Wohl! Die Nivesen jedenfalls fanden den Silvanden Fae'den Karen ohne große Probleme wieder und trieben ihre Karene sogleich in das dichte Unterholz des Waldes. Nirka sagte uns, dass wir nun am Rand des Waldes einige Stunden rasten werden bis die Karene fett und gemästet wieder aus dem Zauberwald kommen. Du kannst es dir sicher denken, meine Männer sind nicht so fürs Rumsitzen gemacht. Ich ebenfalls nicht. Also beschlossen wir, einen Weg in diesen Zauberwald zu finden, die Neugierde trieb uns eben an. War nicht gerade einfach, das kann ich dir sagen. Man lief am Ende immer nur im Kreis und kam im Schluss wieder dort raus, wo man mit seinem Weg begonnen hatte. Dann fanden wir aber einen moosüberwachsenen Stein, auf dem ein Reiter mit verbundenen Augen abgebildet war. Darunter stand etwas in einer schwungvollen Schrift geschrieben, die Eigor wie schon im Himmelsturm als Isdira erkannte und uns übersetzte: ‚Traue deinem Gefährten und du wirst den Weg finden‘. Na, man muss kein Bücherwurm sein, um das Bild zusammen mit der Nachricht zu verstehen. Viel seltsamer ist da doch unser Eigor gewesen, woher konnte dieser Angroscho eigentlich so gut die Sprache jener sprechen, die er abfällig Spitzohren nannte? Na ja, werde ihn leider nie mehr fragen können, Swafnir möge seiner armen Seele gnädig sein. Auf Eigor!“ Mit diesen Worten hebt der Kapitän sein Trinkhorn in die Höhe und prostet Mandred und den anderen Zuhörern zu. Die Nordmänner erwidern den Nachruf auf den Zwergen Eigor lautstark, und ein Methorn nach dem anderem wird zu Ehren des Angroscho gelehrt und anschließend krachend auf die schwere Platte des hölzernen Tisches gestellt. Dann spricht Asleif weiter: „Der Rest war wie gesagt einfach. Hätte sogar ein Ork hinbekommen. Wir haben uns die Augen verbunden, sind zum Leidwesen der Zwerge auf unsere Reittiere gestiegen und ab in den Wald geritten. War kein schönes Gefühl, das kann ich dir sagen, Mandred. Im Sturm auf einer Otta stehen und der Gnade Swafnirs ausgeliefert zu sein ist eine Sache, aber auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen und ohne etwas zu sehen in einen dichten Wald zu reiten und jeden Moment das Gefühl zu haben, seine Nase an einem Baum plattgedrückt zu bekommen, das ist eine ganz andere Sache. Ich hab' mich damals fast wie ein Zwerg gefühlt, das Wohl!“ Einige der Nordmänner müssen bei dieser Bemerkung grinsen, doch der Hetmann spricht ungeachtet dessen weiter: „Nach einiger Zeit beschlossen wir, dass es nun genug sei und nahmen die Augenbinden ab. Mit Hilfe meines Südweisers konnten wir recht schnell feststellen, dass wir diesmal nicht im Kreis liefen. Es hatte also funktioniert. Wenig später merkten wir allerdings, dass egal wohin wir uns wandten, es uns letztendlich immer wieder gen Westen zog. War sehr beunruhigend, das kann ich dir sagen. Denn damals wussten wir ja noch nicht, wer oder was uns in diesem Zauberwald eigentlich erwarten würde. Uns blieb also nichts anderes übrig, als immer weiter gen Westen zu wandern. Immerhin, es war frühlingshaft warm dort und der Wald sah irgendwie … freundlich aus. Ich weiß, dass klingt nicht gerade besonders schlau, aber genau so hat es sich wirklich angefühlt. Man hatte dort einfach ein gutes, ein frohes, ein vollkommenes Gefühl. Ich kann das einfach nicht besser beschreiben. Etwa so wie wenn du nach einer langen, ungewissen Reise auf hoher See die heimatlichen Gestade Thorwals siehst. Ja, das gefällt mir als Vergleich eigentlich recht gut, Mandred, schreib das auf! Mittlerweile weiß ich, dass dies ein Teil des Zaubers war, den die Lichtelfe Niamh vor Jahrtausenden über ihren Zauberwald gelegt hatte. Wenig später machten wir auch Bekanntschaft mit einigen der seltsamen Wesen, die hier hausten. Der Andergaster stolperte fluchend über eine Wurzel, nur um festzustellen, dass diese Wurzel in Wahrheit ein kleiner, schrumpeliger Gnom war! Und eine Laune hatte der, das kann ich dir sagen, Mandred! Hat geflucht wie ein Großer, da hat es sogar mir noch die Sprache verschlagen! Und das war nur die erste Begegnung von vielen, die im Laufe der nächsten Tage noch folgen sollten. Wenig später stießen wir auf eine lichtdurchflutete Stelle im Wald. Dort tanzten zahlreiche winzige Leuchtpunkte, gar seltsam anzuschauen. Neugierig wie Roban nun mal ist schaute er sich die Lichter sogleich aus der Nähe an, und wenig später hatte er einen ganz seltsamen Ausdruck im Gesicht. Das waren winzige Frauen mit kleinen Libellenflügeln! Und deswegen auch der Blick des Nostriers sie waren nackt. Die Luft war von ihrem Summen erfüllt und immer wieder gaben sie helle, klare Töne von sich, so als ob sie mit uns reden wollten. Verstehen konnten wir sie allerdings nicht. Am Abend sahen wir zudem aus der Ferne ein Einhorn im dichten Unterholz. Ein echtes Einhorn, das Wohl! Mittlerweile weiß ich, dass es sich dabei um Kershwiki handeln musste, dem vielleicht Letzten seiner Art. Jenes Einhorn, dass damals zusammen mit Niamh aus den Trümmern der Gleißenden fliehen konnte. Aber ich greife der Saga vor, entschuldige Mandred. Auf jeden Fall, später suchten wir uns eine Lagerstätte im Wald. Immerhin fanden wir eine Lichtung, und zudem war es angenehm warm. Selbst die Nächte in diesem Wald waren lau und mild. Und dann … ah, Jorgen, tisch nur ruhig auf, für ein gutes Essen unterbreche ich doch gerne meine Saga!“ Während Phileasson mit diesen Worten endet, tritt der Angesprochene zusammen mit einigen anderen Thorwalern in die Halla, in den Händen mächtige Holzteller, auf denen in reichlich Butter gebratene Salzarelen und knusprige, braungebackene Brotlaibe liegen. Schon wenig später ertönt in der rauchverhangenen Halla der Nordmänner das Klirren der Methörner und das Lachen der Anwesenden. Nach dem reichhaltigen Mahl erhebt sich Phileasson und geht wortlos nach draußen. Vom Rand des Kliffs aus blickt er auf die Lichter der weit unter ihm liegenden Stadt. Der eisige Rondrikan treibt ihm die Tränen in die Augen. Gedankenverloren dreht er seinen tiefschwarzen Dolch in den Händen. Wenig später geht ein Ruck durch den still dastehenden Nordmann und er geht zurück in die warme Halla der Ottaskin. Als der hünenhafte Kapitän eintritt, verstummen die Gespräche fast augenblicklich, ein jeder der anwesenden Nordmannen schaut gespannt in Richtung Phileassons. Sie alle hoffen wohl, dass der Hetmann die Erzählung seiner Saga fortsetzt. Asleif lässt sich geräuschvoll auf seinen schweren Eichenstuhl fallen und genehmigt sich einen großen Schluck Met. Dann wischt er sich den honigsüßen Alkohol aus dem Bart und setzt an zu sprechen:

„Ahh. Gut gut. Ich sehe, euch interessiert meine Reise doch ein wenig, so wie ihr mich alle anstarrt.“ Bei diesen Worten schaut sich Phileasson schmunzelnd um. Dann spricht er, mehr zu sich gewandt, weiter: „Nur Thorn Beornson hat es nicht wieder zurück in die Halla gezogen. Schade.“ Phileasson räuspert sich, dann fährt er fort: „Wie dem auch sei, dann will ich wohl mit meiner Saga weitermachen, bei Swafnir! Wir übernachteten also in diesem verzauberten Wald, und es sollte nur die erste von vielen Nächten sein. Am Morgen zog es uns dann immer weiter gen Westen, egal welche ursprüngliche Richtung wir auch einschlugen. Vor allem Ungrimm hat immer wieder versucht, die Richtung zu ändern, doch am Ende kam er immer wieder zu unserer Gruppe auf dem Weg nach Westen zurück. War ihm wohl nicht geheuer, dieser verzauberte Wald. Nun, wer sollte es ihm auch verdenken. Hätte er damals schon gewusst was wir noch alles zu sehen bekommen, hätte er über diesen Wald mit seiner Zauberei nur noch gelacht, das Wohl! Am frühen Nachmittag trafen wir auf eine große Prozession elfischer Reiter, prächtig anzuschauen mit ihren bunten Wimpeln und blitzenden Rüstungen. Oh ja Mandred, du hast richtig gehört, früher trugen jene, die unter den Zwergen nur noch als Baumkuschler bekannt sind, echte Rüstungen. Fast noch schwerer gerüstet als ein andergastscher Ritter waren sie, man mag es nicht glauben. Nun jedenfalls, diese Elfenprozession stellte sich alsbald als mächtige Illusion heraus, die die Elfen vergangener Tage in ihrer Hauptstadt Tie'Shianna, der Gleißenden, zeigte. Eine wundervolle Stadt, darauf komme ich aber zu einem späteren Zeitpunkt meiner Saga zurück. Einige Stunden später kamen wir an einen Bachlauf, der du wirst es sicher schon ahnen Mandred nach Westen floss. Auf einer Lichtung nahe des Ufers fanden wir eine seltsame Gestalt vor, die gemütlich mit einer Laute in den Händen auf einem Stein saß. Unten Hufe und Bocksbeine, oben Hörner und in der Mitte ansonsten recht menschlich. Heute weiß ich, dass es sich hierbei um einen Faun gehandelt hat. Als das Wesen uns erblickte, begann es eine seltsam durchdringende Melodie auf seinem Instrument zu spielen und wir kamen nicht umhin, zu dieser wundervollen Musik zu tanzen (Dieses Lied kann als Melodie verwendet werden: http://www.youtube.com/watch?v=AqkL5d9_YKo). Ihr alle hättet euch gekringelt, wenn ihr gesehen hättet, wie Ungrimm in seiner schweren Rüstung scheppernd tanzte. Doch auch die anderen konnten nicht anders der Melodie zu folgen. Hmja, ich selbst auch. Magie natürlich, wie hätte es auch anders sein können. Nach der Begegnung mit dem Faun waren wir alle sehr erschöpft und fanden alsbald eine Lagerstätte für die Nacht.“ Phileasson nimmt einen Schluck Met, dann spricht er weiter: „Die nächsten Tage haben wir noch viele weitere Absonderlichkeiten und Wunder entdecken können. Ein verlassenes Elfendorf, Pferdemenschen, die uns später als Zentauren vorgestellt wurden, barbusige Meerjungfrauen und sogar einige Elfen. Diese waren allesamt seltsam also ich meine noch seltsamer als Elfen sowieso schon erscheinen und hatten sich wohl in den Weiten des Zauberwaldes verloren. Roban beanspruchte sogar den Bogen eines Elfen, den dieser ihm ohne weitere Einwände überließ. Nicht dass der Nostrier damals damit umgehen konnte, aber er dachte wohl so ein echter Elfenbogen mag sicher einiges an Wert haben. Am siebten Tage jedoch, da trafen wir endlich die Herrin des Waldes.“ Phileasson lehnt sich in seinem Stuhl zurück und unterbricht seine Erzählung. Um ihn herum warten die Nordmänner gebannt auf die Fortführung seiner Saga. Der hünenhafte Hetmann genießt noch für einen Moment die gespannte Stille und nippt ein ums andere Mal an seinem Methorn, bevor er schließlich fortfährt: „Wir kamen an das Ufer des Sees Duan, dessen dunkelblaue Wasser endlos tief erschienen. Kein Windstoß regte sich über dem Wasser und keine noch so kleine Welle war auf dem See zu sehen. In seiner Mitte erblickten wir eine Insel. Als wir an das Ufer des Sees kamen fanden wir ein kleines Boot vor, welches recht baufällig aussah Elfenarbeit eben , doch es hielt trotz seines bedenklichen Aussehens überraschenderweise stand, selbst als wir den Zwerg in seiner metallenen Rüstung endlich überreden konnten, in den Nachen zu steigen. Als wir näher an die Insel ruderten, sahen wir eine wunderschöne Elfe dort am Seeufer sitzen, die auf einer Harfe eine vollendete Melodie spielte. Dachte ich bis zu dieser Begegnung noch, die Firnelfe Galandel sei das schönste Wesen, das ich je zuvor gesehen habe, wurde ich bei dieser Elfe eines wahrlich Besseren belehrt, bei Swafnir! Meine Gefährten dachten ebenso, das schloss ich aus ihren bewundernden Blicken. Selbst Ungrimm hatte seinen skeptischen Blick, den er sonst bei den Elfen an den Tag legte, wohl unwillentlich gegen ein Staunen eingetauscht. Wir legten am Ufer der Insel Oisin an und traten vor die Elfe. Oisin ist übrigens der Name des Geliebten Niamhs, der einst bei der Verteidigung Tie'Shiannas gegen einen dämonischen Wurm sein Leben ließ. Ich werde das später genauer erzählen, keine Sorge, Mandred. Doch zurück zu der Harfnerin. Wir stellten uns allesamt vor und die schöne Elfe hieß uns in ihrem Reich willkommen. Ihr Name war Niamh Goldhaar und wir erfuhren, dass sie eine der letzten Hochelfen ist, die sogar noch den Fall Tie'Shiannas miterlebte. Wir überschütteten sie regelrecht mit Fragen, doch mit unerschütterlicher Ruhe und Geduld beantwortete sie alle unsere Fragen. Das Gespräch dauerte stundenlang, Elfen haben einfach kein Zeitgefühl glaube ich. Am Besten ist es wohl, wenn ich das Wichtigste zusammenfasse, nicht wahr Mandred? Also wie schon gesagt: Niamh ist eine viele Jahrtausende alte Elfe, die schon damals zur Zeit der Hochelfen lebte. Sie war eine der Beraterinnen des Hochkönigs der Elfen, Fenvarien genannt. Du vermutest richtig Mandred, genau jener Fenvarien, welchen wir letztendlich aus dem Orkland retten konnten und mit nach Thorwal brachten. Vor vielen Jahrtausenden jedoch existierten überhaupt noch keine Menschenreiche, und Hochelfen und Echsen führten unbeschreibliche Kriege. Letztendlich drohte das Reich der Elfen unterzugehen. Die Hauptstadt des Elfenreichs war Tie'Shianna, die Gleißende, die dort lag, wo heute die Wüstensöhne ihren Sandgötzen anbeten. Tie'Shianna wurde über Jahrzehnte belagert, unzählige Feinde standen vor den gigantischen Stadtmauern: Orks, Oger, Echsen, Leviathanim, Trolle, Riesen, Dämonengezücht und vieles mehr. Oh ja, vieles mehr! Ich kann dir sagen, das war eine Schlacht. Doch ich schweife ab, dies wird alles noch früh genug erzählt werden. Letztendlich wurde Tie'Shianna erobert und die Elfen fielen den Heerscharen des Namenlosen zum Opfer. Dhaza nannte man ihn zu dieser Zeit. Niamh jedoch führte in letzter Sekunde ein magisches Ritual durch. Sie errichtete irgendwelche Sphärentore  frag' mich jetzt bloß nicht, was genau das nun ist!  und konnte sich und einige andere Hochelfen so ins heutige Bornland retten. Dort errichtete sie mit Magie eine letzte Zufluchtsstätte für die Bewohner Tie'Shiannas. Genau an jenem Ort, an dem wir nun standen, weilte die Elfe also schon seit Jahrtausenden. Stell dir das mal vor, Mandred! Was diese Elfe schon alles erlebt haben muss! Wir waren natürlich sprachlos. Nun ja, so ganz stimmt das nicht, Roban fand seine Worte recht schnell wieder und bettelte die mächtige Zauberin an, ihn von seinen Narben zu heilen. Und tatsächlich, es geschah, mit nur einem Handzeichen der Elfenfrau! Auch der verrückte Abdul, den wir in den Kerkern des Himmelsturms aufgegabelt hatten, wurde von Niamh durch einen langen Zauberschlaf geheilt. Endlich also waren wir das Geschrei dieses Irren los. Auch über den Himmelsturm des Ometheon konnte sie uns berichten. Hab' ich aber eigentlich schon alles erzählt, als ich vom Himmelsturm berichtet habe. Wir haben ihr natürlich auch all jenes erzählt, was wir erst vor wenigen Monden dort oben im ewigen Eis des grimmen Firuns erlebt hatten. Das Zeitgefühl ging in Gegenwart dieser Elfe irgendwie verloren, doch mittlerweile bin ich mir sicher, dass wir Tage wenn nicht gar Wochen bei dieser geheimnisvollen Lichtelfe verbracht hatten.

Später durften wir auf der Insel Oisin rasten und ruhen, doch dann gab uns die Herrin des Waldes einen Trank mit dem Versprechen, das wir auf diese Weise wieder aus ihrem Wald herausfinden werden. Und tatsächlich, wir schluckten den seltsam schmeckenden Trank herunter, und schon wenig später wachten wir ausgeruht am Rande des Waldes, frisch und voller Tatendrang, direkt neben den fetten Karenen auf. Wir stellten verwundert fest, dass seit unserem Eindringen in den Wald laut Nirka nur wenige Stunden vergangen waren. Dies war also der Grund, wieso sich die Karene dort jedes Jahr aufs Neue ein Fettpolster anfressen konnten! Die Zeit verging im Wald also tatsächlich schneller, beeindruckend, nicht wahr? Damals wussten wir natürlich noch nicht, wieso uns unsere Reise in den Zauberwald der Lichtelfe geführt hatte, doch heute sind wir natürlich schlauer. Hätten wir Niamh nicht kennengelernt, wären wir ganz am Ende wohl sicher gescheitert, bei Swafnir!

Wir haben dort im Wald viel über die alten Elfen erfahren, vieles davon sollte uns noch im Laufe unserer Reise von großem Nutzen sein, und manches Wissen erschloss sich uns erst durch weitere Erlebnisse während unserer langen Rundfahrt durch ganz Aventurien. Na, vom Zauberwald Niamhs sind wir dann auf jeden Fall weiter die Bornstraße entlang nach Festum gezogen. Das allerdings erzähle ich erst später, denn der Met treibt mich nun erst einmal nach draußen, das Wohl!“ Mit diesen Worten erhebt sich Asleif Phileasson aus dem schweren Eichenholzstuhl und tritt nach draußen in die eisige Nacht, um sich dort zu erleichtern. Leise Gespräche beginnen unter den anwesenden Nordmännern, sie alle drehen sich dabei um die Geschichte des Hetmanns. Mandred schreibt noch immer eifrig ein Wort nach dem anderen nieder, während Ynu gedankenverloren auf die Rückkehr seines Freundes Phileasson wartet.

 

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