Mythornius über seinen Spieler

 

 

Hesinde zum Gruße, werte Leser. Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Mythornius von Festum, Adeptus Maior der Academia Magica Transformatorica Festumiensis, neugestiftet und Hesinde zu Preis und Ehr im Zeichen des ewig wandelbaren Quecksilbers. Ich möchte auf den folgenden Seiten darlegen, wie mein Leben durch die oftmals fragwürdigen Entscheidungen meines Spielers in andere als die von mir gewünschten Bahnen gelenkt wurde. Ihr fragt euch nun an erster Stelle natürlich vollkommen zu Recht, wieso ein so weitgereister und begabter Magus wie meine Wenigkeit in seiner langen und erfolgreichen akademischen Laufbahn noch nicht über den Titel eines Adeptus Maior hinausgekommen ist. Die Antwort ist so einfach wie beschämend: Mein Spieler hat sich bisher nicht sonderlich darum bemüht.

 

Ich stamme ursprünglich aus Maraskan, wurde aber Dank der Feldzüge Retos zum Exilmaraskaner, der sein Dasein in Festum fristete. Ich interessiere mich sehr für die echsische Kultur und versuche seit Jahren immer tieferes Wissen über dieses spannende Thema zu erlangen. Sicherlich wäre es für dieses Vorhaben sinnvoll gewesen, keinen privaten Lehrmeister zu wählen, sondern unter dem anerkannten Echsenforscher Rakorium Muntagonus, einer Koryphäe auf diesem Gebiet, seine Ausbildung zu beginnen. Leider war meinem Spieler die Kombination der seiner Meinung besten Zaubersprüche allerdings wichtiger als mein Steckenpferd, und so lernte ich die hohe Kunst der Magie bei meinem privaten Lehrmeister Magister von Kirschhausen. Rückblickend muss ich allerdings festhalten, dass die Wahl der Zaubersprüche alles andere als ausgewogen war, denn während meine Gefährten des Abends sehr oft bei einem gemütlichen Umtrunk ausspannen können, muss ich immer wieder staubige Bücher und alte Schriftrollen bei schlechtem Kerzenlicht studieren, um neue Canti zu erlernen. Immerhin hat mein Spieler mir dafür auch ein eidetisches Gedächnis geschenkt, welches das Lernen von neuen Sprüchen durchaus vereinfacht. Dieser Vorteil hat allerdings auch seine Nachteile, wie ihr euch sicher vorstellen könnt - ihr vergesst einfach nichts, und wenn ihr kurz nachdenkt, fallen euch doch sicher einige Ereignisse in eurem Leben ein, die ihr mit Freuden vergessen würdet? Nun, ich kann dies nicht, ich muss seit meiner Entstehung alle schlechten Ereignisse und Erfahrungen mit mir herumtragen, als ob ich sie erst vor wenigen Minuten erlebt hätte. Es steht mir natürlich nicht zu, über meinen Spieler zu urteilen, doch ein wenig mehr Feingefühl wäre hier wirklich angebracht gewesen.

 

Nun will ich die geneigte Leserschaft aber nicht weiter mit meinen Anfängen langweilen und fahre mit meiner Erzählung fort. Wie es sich für einen echten aventurischen Helden gehört wurde ich nicht einfach erschaffen, um mich in meiner neuen Heimat Festum am Studium der Magie zu erfreuen. Nein, ich wurde erschaffen, damit mein Spieler in einer - zugegebenermaßen recht unlogischen und oft mit lächerlichen Klischees beladenen Fantasiewelt - Spaß haben kann und für einige Zeit seine seltsame Arbeit mit Pflanzen und rechnenden Metallkästen vergessen kann. Genaugenommen stimmt der letzte Abschnitt meiner Aussage nicht ganz, denn selbst während den Spielstunden ist er einer jener Spieler, die sehr oft an diesen rechnenden Metallkästen sitzen. Dies ist natürlich ein wenig verstörend, da ich während seinen Fehlzeiten oft an den unmöglichsten Stellen einfach abgestellt werde und dort unter widrigsten Umständen auf seine Rückkehr warten muss.

 

Doch nun zurück zu meinem Lebenslauf. Von der bornischen Hauptstadt aus ging es dann zu Beginn meiner Existenz nach Punin, die Capitale Almadas. Ich war natürlich frohen Mutes und voller Tatendrang, dachte ich doch, dass es von Punin aus weiter gen Süden gehen wird, um letztendlich in Selem oder den Echsensümpfen die Geheimnisse der alten echsischen Kulturen zu studieren. Zu meinem Leidwesen kam es allerdings ganz anders. Dazu muss ich erwähnen, dass mein Spieler mehrere Mitspieler um sich hat, die leider auch mitspielen wollten. So lernte ich also in Almada die Charaktere der anderen Mitspieler kennen, die sich aber allesamt als impertinente und aus niederen sozialen Schichten stammende Personen, die nicht einmal meinen Magierstatus anerkannten, herausstellten. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich diesem Pöbel sogleich wieder den Rücken zugekehrt, doch leider wurde meiner Meinung keinerlei Wertschätzung entgegengebracht.

Die nächste Enttäuschung folgte dann schon wenig später: Es ging nicht etwa nach Süden in die Echsensümpfe, sondern ich musste mit meinen neuen Gefährten die Khôm erkunden. Dort wurde ich von diesem Trampeln sogar im bewusstlosen Zustand von Sanddünen hinuntergerollt. Hier wäre es natürlich sehr erbaulich gewesen, wenn mein Spieler interveniert hätte, aber leider weit gefehlt.

 

Zurück in Punin machte sich zu meinem Leidwesen ein weiteres, unglücklich gewähltes Generierungsmerkmal bemerkbar. Da ich unpassenderweise mit Goldgier gesegnet wurde, schloss ich mich zusammen mit meinen geistlosen Gefährten für einige wenige Goldstücke einem Händler an, der von Punin aus nach Thorwal reiste. Leider ist Thorwal eine der nördlichsten Städte Aventuriens, so dass meine Chance auf ein baldiges Studium der südlichen Echsenkulturen immer geringer wurde. Das die Arbeit als Begleitschutz unter meiner Würde ist, das möchte ich gar nicht erst erwähnen. Auch hier hätte ich mir entweder mehr Geographiekenntnis oder mehr Feingefühl meines Spielers gewünscht.

In Thorwal verkaufte ich zudem mit dem zwielichten Wulf Steinhauer Fälschungen von Glücksbringern und Amuletten, um meine Geldbörse weiter zu füllen. Unnötig zu erwähnen, dass solch eine Aktion weit unter meiner Würde liegt und nur durch die völlig unpassende Goldgier meinerseits und die Ignoranz meines Spielers überhaupt durchgeführt wurde.

 

In der Hauptstadt der Nordmänner schlossen wir uns dann dem Thorwaler Phileasson an, um ihn auf seiner Weltreise und Wettfahrt gegen seinen Rivalen Beorn den Blender zu begleiten. Die Entscheidung, mit Phileasson und nicht mit Beorn zu segeln war dabei meiner Meinung nach unlogisch. Mein Spieler war über die verbalen Attacken Phileassons gegen Beorn empört, dabei war der Wahrheitsgehalt und der Sinn von Phileassons Aussagen sehr wage, um es vornehm auszudrücken. Natürlich führte uns die erste Etappe der Weltreise nicht etwa zurück gen Süden, sondern sogar noch weiter nach Norden, in die ewigen Eisflächen des Yetilands und darüber hinaus. Mein Wunsch, die alten Kulturen der Echsen zu erforschen rückte damit - ich hätte es zuvor gar nicht für möglich gehalten - in noch weitere Ferne.

Im ewigen Eis erforschten wir dann einen gigantischen und beeindruckenden Elfenturm. In den weiter unten gelegenen Stockwerken des Himmelsturms fanden wir zudem die Wohnräume der dunklen Elfe Pardona. In einem Beschwörungsraum stießen wir auf das Daimonicon, ein schreckliches und gefährliches Werk über Dämonenbeschwörung und Blutmagie. Ich wollte es natürlich gleich verbrennen, doch mein Spieler beschloss, dass ich dieses Buch mitnehmen und studieren solle! Als Resultat hatte ich ein halbes Jahr lang Angstzustände - davor, dass mich die dunklen Geheimnisse dieses Buches in den Wahnsinn treiben, aber auch davor, dass die Heilige Iniquisition mich mit diesem götterlästerlichen Buch finden würde. Die schiere Präsenz des Buches hat mir bereits eine weiße Haarsträhne als Dämonenmal eingebracht! Erst im Tulamidenland entschied sich mein Spieler endlich, mich von dieser Last zu befreien.

Ich möchte nun wirklich nicht allzu negativ klingen, doch auf die gute Entscheidung meines Spielers, dieses Buch abzugeben, folgte fast auf den Fuß auch wieder eine ungleich schlechtere Entscheidung. In der Stadt der tausend Türme konnte ich nämlich im Alleingang verhindern, dass meine tumben Gefährten zu einer Gruppe von gesuchten Mördern wurde. Leider schätzte mein Spieler diese Situation ein wenig anders ein und wenig später hatte ich ein Gelübte gesprochen, zu Ehren jedes der Zwölfe eine göttergefällige Tat zu vollbringen. Erstens fühle ich mich hier eindeutig ungerecht behandelt, und zweitens bin ich Maraskaner, die Zwölfe sind doch lediglich die zwölf Geschwister, die Rur und Gror als Wächter auf die Weltenscheibe sandte, beileibe aber nicht die höchsten Götter auf Dere!

Ein weitere Ereignis, welches kurz vor der Ankunft in Fasar stattfand, liegt mir ebenfalls auf der Seele. Mein Spieler hegte schon sehr lange den Wunsch, als Haustier einen Meckerdrachen zu halten. Der gutmütige Meister erhörte den Spieler natürlich und so fand ich in Liscoms Tal in der Gorischen Wüste einen gefangenen Taschendrachen, den ich befreien konnte und der fortan mein ständiger Begleiter wurde. Zu meinem Unmut entpuppte sich der zuerst unterhaltsame Meckerdrache schon bald als schizophrener und feiger Geselle, den ich lieber heute als morgen aus meinem Leben verbannen würde. Doch mein Spieler fand Gefallen an diesem einfach gestricktem Geschöpf, und so muss ich nunmehr schon seit Jahren einen Redeschwall nach dem anderen über mich ergehen lassen.

Nun aber zurück zur Weltreise mit dem Thorwaler Hetmann Phileasson. Von Fasar aus ging es erneut in die Wüste Khôm. Dort hatten wir die einmalige Möglichkeit, mit einer echten Göttin, der Elfengöttin Orima, zu sprechen. Die blinde Schicksalsgöttin hatte genau eine magische Flöte, mit der eine der beiden Gruppen direkt auf die Inseln der alten Elfen teleportiert werden kann. Der anderen Gruppe hingegen ist dieser direkte Weg dann auf immer verwehrt, und so muss diese den Bettlerzug unter Ben Aram bis in die Echsensümpfe begleiten. In froher Erwartung hoffte ich also darauf, dass der Blender die Flöte an sich nimmt, doch leider wurde ich erneut enttäuscht. Dieser unverschämtes Glück habende Andergaster Wulf grabschte sich die Flöte und schon wurden wir auf die Inseln hinter dem Nebel teleportiert. Wieder einmal rückte der Traum von den Echsensümpfen in weite, weite Ferne...

 

Als wir dann nach über einem Jahr endlich die Weltreise mit dem Thorwaler Phileasson abgeschlossen hatten, schickte mich mein Spieler fast sofort wieder auf eine weitere, private Aventurienrundreise. Überall ging es hin, aber, der geneigte Leser wird es bereits ahnen, die Echsensümpfe wurden natürlich nicht bereist. Schlimmer noch, als neuen Wohnsitz wurde ein verlassener und leidlich isolierter Turm auf dem höchsten Punkt Thorwals auserkoren. Die Renovierung war sehr kostspielig, im Keller wurden die Dreizehn Lobpreisungen des Namenlosen gefunden und im Winter zieht es dort wie Hechtsuppe - und natürlich ist es oben bei den Thorwalern fast immer Winter. Wieder einmal war die lang ersehnte Reise gen Süden in weite Ferne gerückt.

 

Einige Monde später beschloss mein Spieler dann, dass es an der Zeit wäre, wieder in neue Abenteuer zu ziehen. Da zu dieser Zeit die Orks das Mittelreich unsicher machten, wurde ich mit meinen alten Kampfgefährten kurzerhand nach Greifenfurt geschickt, um diese Stadt von den Schwarzpelzen zu befreien. Natürlich für sich betrachtet eine löbliche Entscheidung, doch möchte ich hier anmerken, dass sich meine Sympathie für das Mittelreich doch sehr stark in Grenzen hält. Ich erinnere daran, dass der mittelreichische Kaiser Reto der Grund ist, wieso ich Exilmaraskaner bin. Die Entscheidung meines Spielers bezüglich dieser Mission darf also durchaus kritisch hinterfragt werden.

In Greifenfurt erinnerte sich mein Spieler zudem endlich daran, dass ein jeder Mann das Bedürfnis hat, sich näher mit dem schwachen doch holden Geschlecht zu befassen. Leider bewies er dabei wenig Fingerspitzengefühl, denn meine Angebetete war eine blutrünstige Vampirin in spe, welche mir noch viel Ärger und Kopfschmerzen bereiten sollte. Enreut sei angemerkt, auch diese Entscheidung ist im besten Fall als fraglich zu bezeichnen.

Im späteren Verlauf der Abenteuer um Greifenfurt zeigte sich eine weitere Schwachstelle meines Spielers in all seiner Deutlichkeit: Er teilt seinen Mitspielern oft nicht mit, was er gerade tut. Dieses unsägliche Verhalten hätte mich fast umgebracht, als wir über die eisige Breite aus Greifenfurt gen Xorlosch flüchteten! Logischerweise kann ich als gelehrter Magus nicht allzu gut schwimmen, und schon bald schwanden mit die Kräfte und ich war kurz davor, kläglich zu ertrinken. Mein Spieler sah indes keine Notwendigkeit, mich um Hilfe schreien zu lassen, und so habe ich seit dieser Aktion einen Schicksalspunkt weniger. Ich sehe den Tag kommen, an welchem mich dieses Ereignis das Leben kosten wird!

Die Zwergenstadt Xorlosch war wie zu erwarten war nicht sonderlich beeindruckend. Hässlich, größtenteils unterirdisch und die Bewohner über alle Maßen unfreundlich. Ganze 300 Dukaten hat mich das Lustwandeln auf einem schwarzen Hügel gekostet, eine unglaubliche Dreistigkeit!

Nachdem wir dann nach vielen Monden endlich die Stadt Greifenfurt befreit hatten, beschäftigte sich mein Spieler leider wieder mehr mit seinen Pflanzen und den Metallkästen. Dies hatte sehr zu meinem Leidwesen zur Folge, dass die leidige Geschichte mit meiner liebsten Vampirin immer noch nicht offiziell abgeschlossen ist - schlimmer noch, ich habe zwischen den Jahren 1013 BF und 1015 BF eine fast vollständige Gedächnislücke! Ich hoffe er wird sich irgendwann wieder mehr mit mir beschäftigen und diese unsägliche Lücke endlich auffüllen. Vielleicht komme ich in dieser Zeit nachträglich vielleicht doch noch endlich in die Echsensümpfe?

 

Im Jahr 1015 BF beschloss mein Spieler dann zu meinem Leidwesen, der Einladung dieses ungehobelten Zwergen zu folgen und mich in die Viehtreiberstadt Baliho zu schicken. Dem geneigten Leser ist bekannt das es in ganz Weiden keine einzige Magierakademie gibt? Ein wahrlich passender Ort also für einen so weitgereisten Magier wie mich...

Immerhin habe ich am Ende der Ereignisse in Dragenfeld in wirklich praktisches magisches Auge bekommen, leider nicht ohne Gegenleistung - dreizehn Lebensjahre hat es mich gekostet. Genaugenommen hätte ich mir diese Lebensjahre durch einen von Tsa gesegneten Trank zurückholen können, doch dieser impertinente Andergaster hat ihn mir entwendet. Da mein Spieler beim Würfeln nicht unbedingt als fähig bezeichnet werden kann musste ich zudem so tun, als ob ich diese Dreistigkeit nicht bemerkt hätte! Schlimmer noch, mein Spieler unternahm absolut nichts gegen diesen frechen Diebstahl! Ich möchte wirklich nicht negativ klingen, doch von dieser Aktion bin ich doch sehr enttäuscht.

Immerhin, seit Dragenfeld habe ich endlich ein Buch über altes echsisches Wissen in meinem Besitz, das Liber Zhammoricam per Satinav. Allerdings hat mein Spieler mit Ungrimms Spieler bereits ausgemacht, wie man mir dieses Buch am Besten wieder entwenden kann. Erneut wurden meine Wünsche und Vorstellungen also mit Missachtung bestraft!

 

Ich schreibe diese Zeilen wenige Monde nach den Ereignissen in Dragenfeld mit der sehr wahrscheinlich vergeblichen Hoffnung, dass sich mein Spieler irgendwann zu besseren Entscheidungen verleiten lässt und mein Leben so doch noch in die Bahnen gelenkt wird, die ich mir selbst wünsche...

 

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